Gestern KollegIn – heute Führungskraft.

Wie Sie rasch für Rollenklarheit sorgen

Neu in der Rolle als Führungskraft?

Ganz egal, ob sie zum Teamleiter ernannt wurden oder Abteilungleiterin oder gar Vorstand geworden sind, die Rolle, das Rollenverständnis und die Erwartungen werden in der neuen Position andere sein.

Daher ist es extrem wichtig, dass sie sich mit den Anforderungen an die neue Rolle auseinandersetzen und auch selbst definieren, wie sie diese neue Rolle leben wollen.

Folgende Fragen sind dabei hilfreich: Mit wem arbeite ich in dieser Rolle zusammen? Welche Kontakte werde ich (neu) haben? Was erwarten diese Menschen von mir und was erwarte ich selbst von mir in meiner neuen Rolle und von denen, die jetzt mit mir zusammenarbeiten werden?

Tipp: setzen sie sich mit den Regeln und Normen des Unternehmens in Bezug auf die neue Rolle auseinander. Dazu können Kolleginnen und Kollegen, die sich auf der gleichen Ebene befinden wie sie, Auskunft geben.

Es wird in der ersten Zeit wichtig sein, dass sie beobachten, wie sich andere in dieser Rolle verhalten, damit sie keine ungeschriebenen Gesetze verletzen.

Ein neu ernannter Vorstand kam zu mir ins Coaching und berichtete darüber, dass er sich in seiner neuen Rolle zu seinem Erstaunen doch unsicher fühlte. Woher kam diese Unsicherheit.

Zum einen ist er Deutscher und wurde in einen rein österreichisch besetzten Vorstand gewählt und zum anderen waren seine Vorstandskollegen alle um gut 20 Jahre älter als er und arbeiteten schon lange zusammen.

Was tun, damit die Zusammenarbeit gut gelingt und die Unsicherheit sich auflöst?

Wir arbeiteten mit den Logischen Ebenen, einer hervorragende Coachingtechnik zur Rollenklärung.

In diesem Fall sogar „doppelt“ nämlich mit seiner Rolle als neues Vorstandsmitglied und mit der Repräsentanz der „alten Vorstände“.

Dadurch wurde sowohl seine Rolle klarer als auch die Unterschiede und möglichen Schwierigkeiten, die sich aus der Konstellation „deutsch-österreichisch“ und „alt-jung“ ergab.

Wenn man durch die logischen Ebenen läuft, dann erhält man rasch Klarheit über die wesentlichen Komponenten einer (neuen) Rolle. Dies gilt für alle Rollen, die ein Mensch einnehmen kann.

Ich empfehle daher, die folgenden Schritte in Ruhe durchzugehen und sich die relevanten Fragen auf den einzelnen Positionen zu stellen. Im Coaching haben wir vorgefertigte Moderationskärtchen mit den einzelnen Schritten und legen diese am Boden auf. Der Körper gibt nämlich noch mehr Informationen, als der Verstand allein.

Übungsanleitung zur Rollenklärung

Dabei geht man die einzelnen Positionen Schritt für Schritt, bei der Umwelt beginnend ab. Oben angekommen, drehen man sich um und geht nochmals von „oben“ nach „unten“ die Ebenen durch und wiederholt das Gesagte bzw. Aufgeschriebene.

Eine tiefgreifende Erkenntnis bzw. Veränderung auf einer höheren Ebene beeinflusst massiv die unteren Ebenen.

So gehts:

Beobachtung der Umwelt: was nehme ich in meiner Umwelt wahr? Was sehe, höre und spüre ich als Führungskraft? Worauf lenke ich meine Aufmerksamkeit?

Beispiel: ein neuer Teamleiter in der Produktion schaut nach Ernennung möglicherweise mehr auf Einhaltung von Vorschriften und ob es im Arbeitsbereich sauber ist. Es fällt ihm vermehrt auf, wenn die ehemaligen KollegInnen länger als erlaubt plaudern oder rauchen.

Wie verhalte ich mich in meiner neuen Rolle anders als in meiner alten Rolle? Welches Verhalten wird von der Organisation erwartet? Was ist mir als Führungskraft wichtig? Welche Vorgangsweise erwarten meine MitarbeiterInnen von mir? Besonders schwierig ist es, wenn man aus dem Team in die Leitungsfunktion aufsteigt. Man fragt sich: kann bzw. darf ich Anweisungen geben? Wie werden meine neuen MitarbeiterInnen z.B. auf (negatives) Feedback reagieren?

Beispiel: eine neue Teamleiterin berichtet, dass sie früher immer mit den KollegInnen in der Früh beim Kaffee zusammen gestanden ist – nach ihrer Ernennung gingen die KollegInnen alle an ihre Arbeitsplätze, wenn sie in der Früh im Büro ankam. Da hatte sich das Verhalten der KollegInnen geändert. Sie selbst war wußte, dass sie einige Themen nicht mehr mit Ihren KollegInnen besprechen konnte.

Welche Fähigkeiten habe ich, die ich vermehrt in der Gestaltung meiner neuen Rolle benutzen möchte oder muss und welche Fähigkeiten sollte ich noch ausbauen oder entwickeln?

Ein ganzes Führungsteam von TeamleiterInnen berichtete, dass sie das Gefühl haben, dass ihre momentanen fachlichen Fähigkeiten nicht ausreichen, um die neue Rolle vollständig auszufüllen. Wir arbeiteten daran, welche Fähigkeiten sie nun in Zukunft mehr brauchen, welche davon sie schon „an Board“ hatten und welche sie noch entwickeln müssen.

Tipp: machen sie sich eine Liste der Fähigkeiten, die sie in der neuen Führungsposition brauchen und markieren sie jene, die schon entwickelt sind. Bei denen, die scheinbar noch fehlen überlegen sie, ob sie diese in einem anderen Kontext vielleicht doch schon haben. Vielleicht arbeiten sie in einem Verein und müssen sich dort immer wieder durchsetzen. Vielleicht vermitteln sie immer wieder im Freundeskreis bei Unstimmigkeiten.

Übungsanleitung zur Rollenklärung

Was sind meine Werte und meine inneren Glaubenssätze in Bezug auf meine neue Rolle? Meistens hat man darüber noch nie wirklich nachgedacht. Erstellen sie einen eigenen Wertekatalog mit ihren 10 wichtigsten Werten – diese bringen sie dann in eine Reihenfolge nach Prioritäten. Es lohnt sich, diese Werte dann mit denen des Unternehmens zu vergleichen.

Welche Werte sind gleich und wo gibt es Unterschiede und wo vielleicht auch Unvereinbarkeiten?

Ist es Leistung? Ist es Qualität? Ist es die Liebe zum Menschen? Respekt? Achtung? Welche inneren Glaubenssätze werden sichtbar, wenn sie laut sagen: „ich bin hier der Teamleiter“ oder „in meiner Rolle als Teamleiterin ist es mir wichtig, …“ oder „Kraft meines Amtes bin ich verpflichtet ….“

Beispiel: als einem Teamleiter bewusst wurde, dass sein oberster Wert der Mensch war und die Unternehmensführung jedoch die Funktion und die Leistung in den Vordergrund stellte (mit einer hohen Fluktuationsrate und einigen Burnout-Fällen) konnte er nicht anders als das Unternehmen zu verlassen. Heute arbeitet er in einem Unternehmen, in dem es eine gute Balance zwischen Personenorientierung und Leistung gibt.

Zu wem gehöre ich in meiner neuen Rolle? Vor allem, wenn sie aus dem eigenen Team Teamleiter geworden sind. Es bedeutet nämlich, dass sie nicht mehr (zur Gänze) Kollege/-in sind, sondern hierarchisch gesehen, Vorgesetzte/r. Daher können sie einige Themen und Gedanken nicht mehr mit ihren MitarbeiterInnen ungefiltert besprechen. Es ist ratsam, dass sie mit Kolleginnen und Kollegen auf ihrer hierarchischen Führungsebene darüber sprechen und sich austauschen.

Manche Unternehmen fördern diesen Austausch auf gleicher Ebene durch ERFAs. (organisierte Erfahrungsaustausch-Runden unter den Führungskräften der gleichen Ebene)

Wahrscheinlich wird sich ihre Identität, die Frage nach dem „wer bin ich, wenn ich Führungskraft bin?“ auch ändern. Manche sind sehr stolz, wenn sie befördert werden und man kann ihnen den Stolz und die Freude richtig ansehen. Es hat sich in der Identität etwas geändert!

Wenn sie diese Schritte für sich durchgehen wollen, dann habe ich für sie ein Arbeitsblatt vorbereitet, auf dem die Anleitung mit den Schritten und die wichtigsten Fragen notiert sind.

Unter diesem Link können sie die Arbeitsblätter herunterladen.

Übungsanleitung zur Rollenklärung