Die Neandertaler sind los
Konflikte im Berufsleben sind vorprogrammiert. In jedem Unternehmen gibt es unterschiedliche Aufgaben und Ziele, die zwar insgesamt das Unternehmen festigen und weiterbringen sollen, im Arbeitsalltag erscheinen sie jedoch manchmal widersprüchlich.
Ein Widerspruch ist zum Beispiel die gleichzeitige Forderung nach Geschwindigkeit und Qualität. Das ist speziell in Produktionsunternehmen oft spürbar. Auch Vertrieb und Betrieb, Konstruktion und Produktion, Kundenwünsche und Preis sind alles Quellen für Widersprüche und beherbergen somit Konflikte an den jeweiligen Schnittstellen.
Aufgrund einer ähnlichen Konfliktsituation wurde ich einmal von einer Abteilungsleiterin kontaktiert. Sie war über die Entwicklung des morgendlichen Abstimmungsmeetings in einer der Produktionseinheiten besorgt. Die drei Teamleiter, die sich in diesen Meetings abstimmten, gerieten immer häufiger – mittlerweile fast täglich – in einen großen Streit bei der Abstimmung.
Ich führte, so wie ich das immer mache – zunächst einmal Einzelgespräche mit den einzelnen Teamleitern, um herauszufinden wie die Sicht jedes einzelnen ist und ob alle an einer konstruktiven Lösung mitarbeiten wollen. Zum Glück waren alle an einer konstruktiven Zusammenarbeit interessiert. Alle drei waren sich einig, dass sie eigentlich nicht streiten wollen und keiner von ihnen ging zu dem Meeting mit der Idee „Denen zeige ich es jetzt!“. Es passierte immer automatisch und sie konnten mir beschreiben, wie die Situation immer wieder gleich ablief.
Im Coaching sprechen wir hier von einem Muster, das sich festgefahren hat. Solche Muster sind, wie Sie sicher am eigenen Leibe schon mehrfach erfahren haben, oft sehr hartnäckig und schwer zu durchbrechen.
In meinem Alltag als Coach bekomme ich immer wieder von meiner persönlichen kreativen Seite Bilder geliefert, die ich dann – manchmal innerlich schmunzelnd – lasse oder aber auch nütze. In diesem Fall fielen mir nach den drei Einzelgesprächen sofort die Neandertaler ein.
Ich suchte also im Internet nach passenden Cartoons – Neandertaler mit Keule – druckte drei unterschiedliche Bilder in Spielkartengröße aus und laminierte sie.
Bei dem dann folgenden 3-er Gespräch haben wir die Themen, die beim Morgenmeeting besprochen werden sollten, auf der Sachebene beleuchtet. Wir haben mögliche Konfliktstellen identifiziert und die unterschiedlichen Standpunkte geklärt. Auf mein Anraten hin einigten sich die Teamleiter darauf, dass in Zukunft immer einer von ihnen die Moderationsrolle übernehmen wird.
Dazu bekamen sie von mir folgende Aufgabe: Wenn einer von ihnen bemerkte, dass sie sich wieder in das Muster begaben, musste dieser beim ersten kleinen Anzeichen seine Neandertaler-Karte auf den Tisch legen. Danach durften sie nicht mehr weitersprechen und mussten sich einen Kaffee oder ein Glas Wasser holen oder zumindest ein paar Schritte gehen. Erst nach etwa 2-3 Minunten durften sie das Meeting fortsetzen, indem der Moderator das Thema und das Ziel des Meetings auf ein Flipchart notierte.
Die sogenannte Musterunterbrechung funktionierte, die Neandertaler fanden Anklang und die Konflikte wurden in Folge viel weniger.
Mein Tipp: Musterunterbrechungen
Wenn Sie in ungewünschte Kommunikations-Muster geraten, versuchen Sie diese auf kreative, bildhafte Art und Weise zu unterbrechen ohne dabei die Sprache zu verwenden. Ein paar Minuten Zeit helfen in den meisten Fällen, damit sich das limbische System wieder beruhigt und man wieder vernünftig weitersprechen kann. Sie können zum Beispiel auch mit Ampelkarten arbeiten und diesen folgende Bedeutung geben: Gelb bedeutet „Vorsicht – Kaffee holen gehen“, Rot bedeutet „Thema auf nächsten Tag verschieben“. Dabei ist es wichtig, dass Sie die Art der Musterunterbrechung mit allen beteiligten Personen vereinbaren. Ein Team von Gruppenleiterinnen, die diese Ampelkarten beim tobenden Geschäftsführer ohne vorherige Vereinbarung angewandt hatten, war mit dieser Intervention nicht besonders erfolgreich.
Ich sammle mit Interesse kreative Ideen, die zur Unterbrechung von Mustern bereits ausprobiert wurden. Was sind Ihre Erfahrungen mit Musterunterbrechungen? Welche kreativen Ideen haben Sie bereits in Ihrem Alltag angewendet? Wobei brauchen Sie noch einen Tipp?
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Titelbild: colourbox.com/memo angeles
Das ist ja eine ganz tolle Idee mit den Neandertalern. Das sollte ich tatsächlich einmal ausprobieren bei meinen Kolleginnen, denn da gibt es schon manchmal einige Probleme, die leichter gelöst werden könnten.
Vielen Dank für die Anregung und herzliche Grüße
Barbara
Es freut mich, dass meine Idee gefällt – gutes Gelingen beim Ausprobieren 🙂